Gebäudehandwerk in MV ruft zur Unterstützung auf

Rückkehr zur Veranlasserpflicht in der Gefahrstoffverordnung ist unerlässlich

Titelbild zum News-Artikel Rückkehr zur Veranlasserpflicht in der Gefahrstoffverordnung ist unerlässlich

13.08.2024

Der vierte Referentenentwurf (Bearbeitungsstand: 18.06.2024) zur Änderung der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) soll in Kürze vom Bundeskabinett beschlossen werden. Nach der Befassung des Bundeskabinetts werden die Länder über den Bundesrat beteiligt. Die aktuellen Änderungen werden massiv unsere Handwerksunternehmen, aber auch die Vollzugsbehörden der Länder belasten. Wir fordern deshalb die Rückkehr zum sogenannten Veranlasserprinzip mit vorheriger Erkundungspflicht.

Schwerpunkt des Entwurfs sind Neuregelungen im Umgang mit Asbest in Bestandgebäuden und eine bessere Prävention im Hinblick auf berufsbedingte Krebserkrankungen. Der Entwurf verfehlt dieses Ziel.

Grundlage der Novellierung sind die Ergebnisse des seit 2017 vom BMAS initiierten „Nationalen Asbestdialoges“, der der Risikoerkundung und -bewertung der bis dato wenig beachteten Asbest-Altlasten in Klebern, Putzen und Spachtelmassen (PSF) diente. Bereits kleine Arbei-ten an diesen Materialien, wie das Bohren eines Wandloches, das Entfernen von Putzen, Estrichen, Fliesen oder Tapeten, um Elektroinstallationen in, an oder auf asbesthaltigen Untergründen durchzuführen, reichen für eine Exposition, die gefährliche Konzentrationen an Faserstäuben enthält. Asbesthaltige Materialien finden sich noch heute in fast allen Bestandsbauten, die zwischen 1930 und 1993 gebaut oder renoviert wurden.

Das Problem hat somit eine erhebliche Dimension. Die Asbestose ist eine der tödlichsten Berufskrankheiten. Sie schädigt Menschen und belastet das System der gesetzlichen Unfallversicherung. Um wirksame Maßnahmen zum Schutz für Mensch und Umwelt ergreifen sowie effiziente Prozesse in Bau- und Sanierungsprojekten gewährleisten zu können, ist es daher unabdingbar, dass Auftraggeber von Baumaßnahmen bereits „vor“ Beginn der Arbeiten prüfen, ob asbesthaltige Materialien oder sonstige Schadstoffe verbaut wurden (Informations-, Mitwirkungs- und Erkundungspflichten). Denn mit bloßem Auge lassen sich solche Materialien in der Regel nicht erkennen. Ein sicherer Nachweis von Asbestfasern ist meist nur durch eine rechtzeitige Analyse möglich.

Diese sog. Veranlasserpflichten fanden sich noch in den vorhergehenden Entwürfen zur GefStoffV. In der Begründung zum 2023er Referentenentwurf (Seite 35) steht z. B. ausdrücklich, dass „die Erkundungsergebnisse des Veranlassers die Grundlage für die Ge-fährdungsbeurteilung des Arbeitgebers bilden und die Voraussetzung effektiver Schutzmaßnahmen sind. Alle Erkundungsergebnisse sind vor Beginn der Arbeiten an das Unternehmen weiterzugeben“. Der vierte Entwurf hat diese Pflicht praktisch gestrichen. Der Veranlasser soll künftig nur nach bei ihm bereits vorhandenen Informationen zur Bau- und Nutzungsgeschichte Ausschau halten und weitergeben, was ihm bekannt ist. Obwohl die Gefahr aus der Sphäre des Veranlassers stammt, schiebt man damit die Verantwortung für die tatsächliche Erkundung bei Arbeiten in und an schadstoffbelasteten Gebäuden bzw. Arbeitsumgebungen vor allem auf die Handwerksunternehmen ab.

Eine sichere und effiziente Planung, Koordination und Durchführung kann jedoch nur unter Einbeziehung des sogenannten Veranlassers (also des Auftraggebers, Eigentümers, bzw. „Bauherren“) zu Beginn der Maßnahme erfolgen. Nur so lassen sich allen Beteiligten alle erforderlichen Informationen frühzeitig bereitstellen.

Diese inakzeptable Pflichtenverschiebung verursacht vor allem eines: Chaos und Durcheinander. Handwerksunternehmen können die Lage gar nicht vorab prüfen. Sie müssen Angebote „ins Blaue hinein“ abgeben. Erfährt das ausführende Unternehmen dann erst nach der Beauftragung, ob eine Asbestbelastung vorliegt, steht der Bau und es muss neu kalkuliert werden. Zur Vermeidung von Konflikten, Nachverhandlungen, Verzögerungen der Baumaßnahmen, Baustopp und Finanzierungsproblemen ist es deshalb unverzichtbar, dass die Informationen dem Unternehmen schon vor Beauftragung vorliegen.

Das gilt auch mit Blick auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz: Denn ohne Gewissheit über vorhandene Schadstoffe kann ein Unternehmer seiner Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung bzw. den Unterweisungen vor Arbeitsbeginn nicht korrekt nachkommen und setzt infolgedessen die Gesundheit seiner Beschäftigten aufs Spiel.

Die Unternehmen müssen zudem befürchten, dass „schwarze Schafe“ am Bau die Pflichten unterlaufen. Dies zerstört die Preise für Ausschreibungen, weil der Billigere ohne Gesundheitsschutz zum Zuge kommt und es beschädigt das Vertrauen auf der Baustelle, weil niemand weiß, ob alle Beteiligten sicher und sauber arbeiten.

Die mutmaßliche Sorge der Bundesregierung, dass die Quote an energetischen Sanierungen nicht in gewünschtem Umfang erreicht wird, wenn eine gesetzliche Pflicht den Veranlasser von baulichen Maßnahmen vorab zu einer Schadstofferkundung zwingt, wird kontraproduktiv auf dem Rücken baugewerblicher Unternehmen und deren Belegschaften ausgetragen, die eine wichtige Rolle auf dem Weg zur Klimaneutralität spielen.

Das verfolgte Ziel, Bau- und Sanierung durch die Streichung der Veranlasserpflichten zu beschleunigen, wird sogar durch riskante und ineffiziente Abläufe konterkariert.

Wir fordern deshalb die Rückkehr zum Veranlasser-Prinzip!

Die Bundesländer sind in hohem Maße von der durch die Bundesregierung vorgenommenen Streichung der Veranlasserpflichten betroffen. Denn sie müssen mit ihren Vollzugsbehörden diese Unklarheiten prüfen und nachhalten.

Bitte unterstützen Sie deshalb unser Ansinnen.

Verband gebäudetechnischer Handwerke (VgH)